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Rechnerlexikon

Die große Enzyklopädie des mechanischen Rechnens

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Addimult und H.-W. Kübler


1 "Addimult und H.-W. Kübler"

Addiator und Addimult: Eine familieneigene Konkurrenz.

Gelegentlich stellt ein Sammler von Rechegeräten fest, dass Zahlenschieber der Firma ADDIMULT eine starke Ähnlichkeit oder sogar Baugleichheit mit Rechnern der Firma ADDIATOR haben. Der Schein trügt nicht, da die ersten Rechner von ADDIMULT ab Mitte der 1940er und in den 1950er Jahren mit Werkzeugen hergestellt wurden, die eigentlich der Firma ADDIATOR gehörten. Wie kam das?

Hans-Wolfgang Kübler, Sohn des Firmengründers Carl Kübler, hatte in den 1930er Jahren in der Firma Addiator seines Vaters mitgearbeitet. Im Zweiten Weltkrieg, kurz vor dem Zusammenbruch, gelang es ihm, 2 neue Werkzeug-Sätze zur Produktion der ADDIATOR-Rechner (großes Modell und Duplex) in die Schweiz zu "retten".
Dort tat er sich mit Fritz Büchel zusammen, einem Addiator-Vertreter in Liechenstein. Die ersten Rechner trugen zunächst noch den Namen "ADDIATOR (Customs Territory of Swizerland)". In der dann gegründeten "ADDIMULT AG" nahm er in Liechtenstein ca. 1946 eine kleine Produktion von Rechnern auf mit der Bezeichnung ADDIMULT und dem nur leicht veränderten Addiator-Design (Addimult Duplex).

Allerdings verließ er Liechtenstein und die Schweiz bereits nach kurzer Zeit mit all seinen Werkzeugen und auch wohl einigen halbfertigen Rechnern.

In Schweden kam er 1947 bei Wilken Wilkenson unter, einem alten Freund der Familie Kübler. Hier stellte er einige Addimult Duplex und Addimult Supra fertig, die dann die Herkunftsbezeichnung "Made in Sweden" trugen.
Doch er hielt es in Schweden nicht lange aus und fuhr nach Südamerika. Auch dort hatte er kein Glück und seine Frau hatte Heimweh.

So reiste er wieder mit vollem Gepäck und allen Werkzeugen nach Schweden, wo er 1948/49 erneut bei Wilken Wilkenson unterkam.
Von Schweden beobachtete er die Lage in Deutschland. 1949 kam er dann wieder nach Berlin zurück. Er wollte die Firma Addiator übernehmen, doch die war inzwischen auf seine Schwester Margot überschrieben worden. Deshalb leitete er ab 1949 einvermehmlich die neu aufgebaute Zweigstelle in Bad Harzburg in Westdeutschland.

Zunächst schien Hans-Wolfgang die ADDIATOR-Zweigstelle auch korrekt zu führen, bis sich herausstellte, daß er sie Anfang 1950 über Nacht in "ADDIMULT" umbenannt hatte.
Er schrieb entsprechend der dort vorliegenden Kundenkartei alle Kunden an und stellte sich vor nach dem Motto: "ADDIATOR jetzt auch von ADDIMULT".
Tatsächlich wurde dort auch einiges an Rechnern bestellt, da die Verbindung nach Berlin noch sehr problematisch war und der Name Kübler für gute Qualität bürgte.
So war also unversehens ein Brückenkopf im Westen in eine Konkurrenz umgewandelt worden. Der Familienkrach war vorprogrammiert, mit Prozess und Theater, doch war daran nichts mehr zu ändern.
Addiator wehrt sich mit einer Anzeige im Büromarkt im Herbst 1950: "Original-Addiator nur aus Berlin!"

Hans-Wolfgang baute eine ADDIMULT-Produktpalette auf, die sich zunächst sehr stark an die Modelle von ADDIATOR anlehnte. Nicht nur die Größe und das Design stimmten überein, auch die Materialien und Varianten.

Doch als "Zweiter am Markt" musste sich ADDIMULT vom Konkurrenten abheben. Das galt nicht nur für den Preis, sondern auch für das Aussehen. So wandelte sich ca. Mitte der 1950er Jahre das Grundmuster. Er stellte auf ALU um und fand bald das "ADDIMULT-Design", denn die neuen Rechner konnte man so schon auf den ersten Blick identifizieren.

 
Die Firma ADDIMULT wurde von 1958 bis 1960 allmählich in den Schwarzwald nach Donaueschingen verlegt (Produktion in Hüfingen und später Bräunlingen, nahe Donaueschingen).

Trotz aller Spannungen kam es immer wieder zu Kontakten zwischen den beiden Firmen bzw. Geschwistern. Mal wurden Rechenschieber, die ADDIMULT in Japan bestellt hatte, in die Liste von ADDIATOR übernommen. Oder man importierte in den 70ern auch mal gemeinsam elektronische Taschenrechner aus Fernost, weil der Preis dadurch gedrückt werden konnte.

Nebenher vertrieb ADDIMULT schon in den 1950er Jahren auch Rechner aus fremder Produktion. Die Palette reichte von logarithmischen Scheiben bis hin zur elektrisch betriebenen Addiermaschine. Nebenbei versuchte man sich auch im Vertrieb einer elektrischen Bleistiftspitzmaschine.

Mit dem Aufkommen der elektronischen Taschenrechner Anfang der 1970er Jahre war endgültig Schluss mit den mechanischen Rechnern.
Etwa Ende 1973 stellte ADDIMULT die Produktion der mechanischen Addierer endgültig ein, gerade früh genug, um nicht auf einer ganzen Produktion sitzen zu bleiben!
So stellte man schon parallel zur Rechnerproduktion und recht erfolgreich ganz auf orthopädische Geräte um.
Nach dem Tode von Hans-Wolfgang Kübler im Oktober 1987 führte seine 2. Frau die Firma zunächst noch weiter, verkaufte sie aber in den 90er Jahren an einen Mitarbeiter.

Noch einige Hinweise: Der Name ADDIMULT und einige der Rechnerbezeichnungen waren ursprünglich im Besitz der Firma ADDIATOR, sie wurden aber unter stillschweigender Duldung von ADDIMULT benutzt.
Ein großer Teil der Rechner wurde im Kundenauftrag unter fremdem Namen hergestellt. Es ist also nicht immer gleich zu erkennen, dass sie von ADDIMULT stammen.

Die beiden Geschwister Margot und Hans-Wolfgang haben sich in späteren Jahren wieder einigermaßen gut verstanden, besonders, als die Produktion der mechanischen Rechner weitgehend eingestellt worden war.

2 Literatur

3 Links

 http://www.addiator.de

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Erstellt von: F. Diestelkamp

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