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Erfinder des Lochkartenverfahrens


1 Dr. Hermann Hollerith - Erfinder des Lochkartenverfahrens

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Dr. Hermann Hollerith (Rehbein)


Dr. Hermann Hollerith, der Erfinder des Lochkartenverfahrens, war nach allen Äußerungen der wenigen Personen, die mit ihm in enger Gemeinschaft gelebt oder gearbeitet haben, „ein merkwürdiger Kauz“, „ein eigenartiger Mensch“, „verschlossen“, „wenig zugänglich“, „ nur für seine Familie und Arbeit lebend“. In diesem eigenartigen Wesen und der sich daraus ergebenden Lebensweise mag es wohl liegen, dass über Hermann Hollerith so wenig Authentisches bekannt wurde.

Hermann Hollerith war der Sohn des Johann Georg Hollerith und seiner Frau Franziska, geb. Brunn. Dieser Johann Georg Hollerith war am 18. September 1808 in Großfischlingen in der Pfalz geboren, studierte in Landau, kam dann an die Universität Heidelberg und war später als Professor für alte Sprachen im Gymnasium Speyer (Pfalz) bis zum Jahre 1848 tätig. Nach dem der Aufstand, die „Bataille“ von Kirchheimbolanden, niedergeschlagen war, saß er längere Zeit in der damaligen Reichsfestung Rastatt gefangen. Ohne Existenz blieb ihm und seiner Familie nichts anderes übrig, als nach Amerika, und zwar nach Buffalo auszuwandern. Viele, wie z. B. Gottfried Kinkel, Karl Schurz u. a. teilten das gleiche Los mit ihm.

Am Anfang waren die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern wohl nicht besonders glänzend, denn wie berichtet wurde, schlug er sich mit seiner Familie mühsam als Lehrer und auch als Gärtner durch. Die in allen Holleriths liegende stark ausgeprägte Energie änderte diese Verhältnisse aber sehr bald und schließlich besaß der Vater große Ländereien in Minnesota und Wisconsin. Er reiste viel und besonders im Westen, wo er viele treue Freunde unter den Indianern erwarb. Bei einem Unfall – ein durchgehendes Pferd warf seinen Wagen um – wurde er ernstlich verletzt, wovon er sich nicht mehr recht erholte. Er starb am 9. März 1869. Er hatte vier Kinder, 2 Mädchen, die noch in Deutschland geboren waren und 2 Söhne, Georg Karl (geb. 28.Oktober 1855) und Hermann, geboren als jüngster Sohn am 29. Februar 1860. Der arme Junge konnte also nur alle 4 Jahre einmal Geburtstagsgeschenke bekommen. Dafür hat ihn aber Mutter Natur mit allen Gaben ausgerüstet, die es ihm ermöglichten, ein großer, in allen Ländern der Erde bekannter und geachteter Mensch zu werden. Wahrscheinlich wurde er nach dem Tode seines Vaters durch dessen Freund Karl Schurz gefördert, der im Jahre 1876 unter der Präsidentschaft Hayes Innenminister der USA wurde und daher einen gewaltigen Einfluss besaß. Hermann besuchte die Columbia Universität, wo er im Jahre 1879, also in einem Alter von nur 19 Jahren, das Diplom als Bergwerksingenieur erhielt. Im Anschluss daran bekam Hollerith eine Anstellung in der Regierung als Spezialbearbeiter der Fabrikationsstatistik, sowie später in den Jahren 1880 – 1882 für die Bearbeitung der 10. amerikanischen Volkszählung. Im Jahre 1882/83 war er als Lehrer an dem Institut für Technologie in Massachusetts tätig. Seinem grundsätzlich produktiven Charakter entsprach aber die eher reproduktive Tätigkeit eines Lehrers wenig, so dass er diese Stelle nach einem Jahr aufgab und in St. Louis als freier Ingenieur besonders auf dem Gebiete automatischer Bremsen für Eisenbahnwagen sich betätigte. Seine diesbezüglichen Verluste führten zu seinen ersten im Jahre 1886 erteilten Patenten Nr. 334 020, 334 021, 334 022 und 363 464 für elektromagnetisch arbeitende Luftbremsen, sowie zu einem Patent für eine Methode und einen Apparat für die Herstellung von Eisenwellblech, welche Erfindungen sich als höchst erfolgreich erwiesen. Während all dieser Arbeiten hat aber Hollerith nicht die in seiner Tätigkeit für die 10. amerikanische Volkszählung gemachten Erfahrungen vergessen, ebenso wenig wie die dabei gewonnene Erkenntnis, dass die damals angewandte Handmethode nicht nur unglaublich geisttötend war, sondern auch unzuverlässig und kostspielig gewesen war und wie vorteilhaft es deshalb wäre, wenn man hierfür mechanische Hilfsmittel anwenden könnte. Diese Erkenntnis führte ihn zu dem Gedanken, für jede in der

Statistik zu erfassende Person eine für die gesamte spätere Verarbeitung dienende Unterlage in Form einer Karte einheitlichen Formats zu schaffen, in der für jede zu erfassende Eigenschaft der Person ein bestimmter Platz vorzusehen war und in der die betreffende Stelle ausgelocht werden sollte.

Die zweite Aufgabe war, eine Maschine für das Lochen der Karte sowie eine Maschine für die Auswertung der gelochten Karten zu entwerfen. Langjährige Versuchsarbeiten führten dann zu Erteilung des ersten amerikanischen Hollerith-Patents Nr. 395 782 vom 8.1.1889. Diese Erfindung wirkte geradezu revolutionierend auf die Methode der Aufbereitung größerer Statistiken: bei ungefähr nur einem Drittel der bisher dafür aufzuwendenden Kosten und mit einer unvergleichlich größeren Zuverlässigkeit konnten Statistiken aller Art in dem zehnten Teil der früher dafür benötigten Zeit durchgeführt werden. Die erste Anwendung fand dieses neue Verfahren in der Sterblichkeits-Statistik der Stadt Baltimore, bei der Geburten- und Lebensdauer-Statistik von New Jersey und der Gesundheits-Statistik der Stadt New York, in ganz großem Umfang jedoch bei der 11. amerikanischen Volkszählung vom Jahre 1890.

Bei dem zuerst entwickelten Verfahren war jedes statistische Merkmal durch die Lochung einer bestimmten Kartenstelle zu kennzeichnen, war zwar ein Auszählen der einzelnen Merkmale, nicht aber eine Addition von Zahlen zuließ. Diese nächste Aufgabe löste Hollerith durch Schaffung einer Lochkarte mit Dezimaleinteilung, deren Fassungsvermögen das der alten Karte ganz gewaltig übertraf. Nachdem, wie an anderer Stelle geschildert, die Maschinenapparatur dem neuen Kartenschema angepasst worden war, stand ein Abrechnungssystem zur Verfügung, welches der Möglichkeit der Verfeinerung und der weitgehenden Unterteilung von Zahlenmassen keine Grenzen mehr stellte. Damit waren dem Hollerith-Lochkartenverfahren die Wege für seine Anwendung nicht nur in der Statistik, sondern darüber hinaus auch im Rechnungswesen von Handel und Industrie geöffnet.

Hollerith hat zahllose Ehrungen erfahren, unter anderem ernannte ihn die Columbia Universität im Jahre 1890 zu ihrem Ehrendoktor. Das Komitee für Wissenschaft und Künste des Franklin-Instituts von Philadelphia ehrte ihn durch Überreichung der Elliott Cresson-Medaille für die größte Erfindung des Jahres 1890. In demselben Jahre (15.9.1890) verheiratete sich Hollerith mit Lucia Beverly Talcott, der Tochter eines Zivilingenieurs. Im Jahre 1896 gründete Hollerith zum Zwecke einer rationellen Fabrikation seiner Maschinen die Tabulating Machine Company in New York, die bis zum Jahre 1911 unter seiner alleinigen Leitung stand. Nach der Fusion seiner Firma mit anderen Firmen zu der International Business Machines Corporation hatte sich Hollerith von den Geschäften nach Washington zurückgezogen, wo er eine Farm erwarb und sich lediglich noch in den Jahren 1911 bis 1921 als beratener Ingenieur für die genannte Firma betätigte. Am 17. November 1929, nach nur zweitägiger Krankheit, verstarb Hermann Hollerith.

Bei Forschungen nach Hermann Hollerith verfolgte man seine Spur naturgemäß nach seiner engeren deutschen Heimat, die herrliche Pfalz und der Stammsitz aller Holleriths, Großfischlingen, einem kleinen Ort, etwa 12 km südlich von Neustadt a. d. Haardt, wo in erster Linie der Bauer und Weingutbesitzer Peter Hollerith mit seinen Söhnen Alfons und Willy, sowie dem Rechnungsrat Josef Hollerith auf einen großen Erbhof leben.

Hollerith-Familie-Stammbaum.jpg

Stammbaum der Familie Hollerith (Rehbein)

Der Stammsitz der Holleriths, Großfischlingen, lag im 18. Jahrhundert im Bereiche dauernder Kämpfe und wurde mehrmals, zuletzt 1798, fast restlos eingeäschert. Die bis dahin geführten Personenregister des Pfarramts oder Standesamts sind vernichtet und nur durch Zufall wurde vor längerer Zeit ein Heiratsregister aus dem Jahren 1680 bis 1705 gefunden. In diesem ist die Eheschließung des aus Bauerbach in Südtirol zugewanderten Johann Michael Hollerith mit Anna Katharina Engelhardt im April 1687 eingetragen. Dieser Johann ist also als Stammvater der Holleriths festzustellen. Die Lücke zwischen diesem Stammvater und dem späteren Anton Hermann Hollerith, dessen Geburts- und Todestag ebenfalls unbekannt ist, konnte noch nicht geschlossen werden.

Quelle: Artikel in der HBW 70 (April 2005).

2 Literatur


3 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser: Reinhold Rehbein.
Mit freundlicher Genehmigung (Text und 2 Bilder).

Eingestellt von: F. Diestelkamp 20:24, 4. Apr 2005 (CEST)

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