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Reisebericht Beijing Mai 2009


1 Reisebericht Beijing – Mai 2009

Obwohl ich schon während meiner Studienzeit ein bisschen Chinesisch gelernt hatte, reichten die letzten drei Monate ChinesePod vor unserer China-Reise gerade für ein paar wesentliche Ausdrücke. Von Lesen ganz zu schweigen. Aber wenn man als China-Tourist immer irgendeinen Zettel oder eine Karte mit den Hotel-Schriftzeichen dabeihat, weiß der Taxifahrer, wo‘s hingehen soll. Jemanden außerhalb der Hotels mit Englisch-Kenntnissen zu treffen, ist illusorisch. Beim Essen deutet man auf die Bilder des Menus oder auf den Nachbartisch. Mit "yige" (eines) und "duoshaoqian" (wieviel kostet´s) reicht‘s fast. Am Mega-Display des vorgehaltenen Rechners kann man dann den Preis ablesen, einen geringeren eintippen und so runterhandeln.

Kaiser PuYi's SuanPan
Kaiser PuYi's SuanPan

Eines unserer ersten Besucherziele in Beijing ist der "verbotene Palast" GuGong neben dem TianAnMen-Platz. In weniger als 5 Stunden sind die immensen, aufeinanderfolgenden Innenhöfe, Treppen und Tempel praktisch nicht zu schaffen. Einer vielen, restaurierten Räume erläutert anhand von Vitrinen und Schaubildern den jungen Chinesen die Erziehung des letzten Kinderkaisers PuYi. Meine Vermutung, dass er auch Rechnen gelernt haben müsste, bestätigt sich: ich sehe eine Tafel und davor einen grünen Holz-SuanPan, den er benutzt haben soll. In all den Preziösen-Ansammlungen sonst von Rechengeräten keine Spur. Als passionierter Sammler hatte ich mir natürlich schon lange vorher die Adresse des PanJiaYuan-Flohmarkts ausgedruckt. Beim Taxifahrer versuche ich meine beste Betonung, nach den dritten Mal wiederholte er verständnisvoll "Ah pandiayuär" und bringt mich die 5km für 1,20Euro hin. Dieser Riesenmarkt hat tausende Händler in organisierten, teils überdachten Ständen mit allem, was China an Handwerks- und Fälschungskünsten aufbieten kann: kleinste und riesige Holzschnitzereien, Jade- und andere Halbedelstein-Preziosen, Mao-Bibeln mit allem kommunistischen Nostalgie-Schnickschnack, funktionsfähige Okarinas und Mini-Tonkrieger-Statuen, usw.

Aber mich interessiert ja der chinesische Abakus, SuanPan, der aber hauptsächlich als Neuware angeboten wird, meistens gar nicht benutzbar. Einige alte, verdreckte und wirklich gebrauchte 1-5- und 1-4-Typen erstehe ich aber trotzdem gleich. Schon am Ende der zweiten Reihe ruft mir meine Tochter zu, sie hätte eine richtige Rechenmaschine entdeckt. Unerwartet finde ich also eine der wenigen Sprossenradmaschinen "WenHua" und handle vor Aufregung nicht mal auf einen chinesischen Preis runter. Mit der 8kg-Maschine unterm Arm erstehe ich noch andere SuanPans und Rechenschieber. Im kleinen Swiss-Road-Hotel im JianChang-Hutong, neben dem Konfuzius-Tempel, versuche ich, sie versandfertig herzurichten.

SwissRoad im Hutong-Viertel
SwissRoad im Hutong-Viertel
WenHua-Demontage zum Versand nach Europa
WenHua-Demontage zum Versand nach Europa

Später bei der Post, von der ich mir die Maschine zuschicken lassen will, staunen die angestellten Mädchen über das Ungetüm, das sie vor dem Zukleben begutachten müssen: nie gesehen. Meine gebrochene Aussprache, das wäre ein "JiSuanQi", akzeptieren sie jedoch, da es für sie wie das chinesische Wort für Computer klingt. Und schließlich habe ich auch einige SuanPans mit dazu gepackt. (Nach drei Wochen ist die Maschine inklusive 26Euro Zoll angekommen, nur bei der Kurbel war Plastik abgeplatzt. Aber wer hat schon als Tourist das richtige Füllmaterial).




Schon einige Zeit vor meiner Reise hatte ich per Email die Adresse eines Sammlers aus Peking erhalten, den ich schließlich mal anrufe. In seinem ausgezeichneten Englisch erbietet sich Wang gleich, mir bei der anstehenden Flug-Buchung nach XiAn zu helfen. Da ich von deutschen Sammlerfreunden zwei Addiatoren für ihn mitbekommen hatte, ist der Kontakt gleich sehr persönlich. In seinem Wagen fahren wir zu einem sehr günstigen Reisebüro und plaudern nach der Buchung bei exquisiten "BaoZi"-Tortellinis und "QingDao"-Bier über Sprossenräder und Produktionsserien.

Chin.Familie in XiAn
Chin.Familie in XiAn
Terracotta-Armee
Terracotta-Armee
SuanPan im Geschäft
SuanPan im Geschäft

Mein aufmerksames Sammlerauge erspäht später in XiAn in einem Mini-Laden des islamischen Viertels den vielleicht einzigen SuanPan noch in Aktion. Die fingerfertige Dame traue ich mich aber bloß insgeheim zu knipsen. Von XiAn fährt man selbstverständlich zur "Terrakotta-Armee". Ich suche dort nicht nach Rechengeräten, da der Abakus ja wahrscheinlich erst später nach China kam. Aber die Tausenden lebensgroßen Figuren lassen mich an sicher bestehende Rechen- und Abrechnungs-Probleme und deren Lösung denken, die bestimmt nicht banal realisiert wurden.







Monroe-Kopie: FlyingFish
Monroe-Kopie: FlyingFish
Nach der "Heimkehr" nach Peking sind wir zum Essen mit Wangs Familie eingeladen, genießen, mit den Stäbchen die Spezialitäten vom Drehtisch zu holen und plaudern auf Englisch und - überraschenderweise - auch Portugiesisch, womit unsere Frauen perfekt über die "verrückte" Leidenschaft ihrer Ehemänner herziehen können. Nachher gehen wir zu ihrem Wohnblock und werden in ihrer fast europäischen Wohnung bewirtet. Während die Damen weiter polemisieren, fachsimpeln die Männer, wie wenige chinesische Maschinen es gibt (nur die bis 1978 gebaute WenHua-Kopie einer japanischen Tiger und eine Monroe-Kopie von FlyingFish). Ich traue mich zu der Hypothese, dass das anscheinend totale Fehlen von Addiatoren etwas mit der Verbreitung des SuanPans zu tun hätte; müsste man mal verifizieren. In seinem Sammlungsregal hat Wang noch neben japanischen Maschinen einige seiner per Internet erworbenen und mühsam verschickten Exemplare. Seine Antares32 fand er in Peking, angeblich dienten hunderte davon bei der Berechnung der chinesischen Atombombe. Er zeigt mir auch gleich seinen Blog-Eintrag von der Woche vorher, der - auf chinesisch und bebildert - von unserem ersten Treffen erzählt. Ich bitte ihn noch, das gleiche auf Englisch einzutragen. (Schon eine Woche später ist es drin).

Auch wenn der Sammler-Aspekt nur einen geringen Anteil meines Peking-Besuchsprogramms ausmachte (nur etwa 10 von 2000 Fotos), ist er eine der überraschendsten Erinnerungen an die Drei-Wochen-Kulturreise in dieses großartige, unbekannte Land. Dann auf nächstes Jahr zur Expo in ShangHai. (Print-Version)


2 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser

Erstellt von: Wolfgang Irler 10:20, 28. Jun 2010 (CEST)

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