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Die große Enzyklopädie des mechanischen Rechnens

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Sammlertreffen Eichenau 17 Oktober 2009


1 Sammlertreffen Eichenau 17.Oktober 2009

Da wollen zwei Dutzend Sammlerfreunde in einer Vorstadtkneipe gemütlich bei einem Bierchen das Thema „Damen in Büro" erörtern. Die Abgeklärtheit des Alters der meisten verspricht zwar die notwendige Ernsthaftigkeit, ein Quäntchen Zweideutigkeit bleibt aber trotzdem. Denn auf „Herren im Büro“ wäre wahrscheinlich keiner gekommen und es hätte auch nicht so vergnüglich illustriert werden können. Jeder hat also versucht, irgendein Bildchen oder sonstiges Material zum Thema mitzubringen. Ein passionierter Schreibmaschinen- oder Rechenmaschinensammler sammelt ja nicht nur die entsprechenden Geräte selbst, sondern auch die zugehörigen Anzeigen, Bücher und Fotos. Schließlich sind es praktisch nur „Damen“, die mit der Bürotätigkeit assoziiert werden.

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Die vielen, auf den Tischen ausgebreiteten Abbildungen stehen in nettem Kontrast zu den bei sonstigen Treffen üblichen Anhäufungen von tollen Maschinen, deren stolze Besitzer sich der Anerkennung der Sammlerkollegen erfreuen. So wird auch ein kurzer, ursprünglich nicht geplanter Vortrag von Herrn Dusan Arko über die Entwicklung der letzten, teilweise noch produzierten Schreibmaschinen schon fast als Regression in die sonst übliche pseudowissenschaftliche Beschäftigung mit unseren „Spielzeugen“ gesehen. Denn beim aktuellen Thema wollen wir diesmal nicht irgendwelche mechanischen Techniklösungen bereden, sondern soziologisch-entwicklungsgeschichtlich die Rolle der Frau im Umfeld der uns bekannten Geräte behandeln.

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Wolfgang Irler beginnt mit den 2003 gedrehten, italienischen Interviews der ehemaligen FIAT-Angestellten, die bis in die 60-er Jahren noch mit dem Comptometer die Buchhaltung führten: insgesamt 9 Youtube-Filmchen „Votate per gli stipendi FIAT“, von Maurizio Torchio, dem Leiter des FIAT-Archivs Turin. Die längst pensionierten Damen erzählen, wie sie als junge Mädchen „den FIAT-Löhnen verpflichtet“ ihre Arbeitswelt erlebten, wie sie mit dem Comptometer rechneten und sich in dem damaligen Arbeitsklima zurechtfanden. Im ersten, gezeigten Film steht noch der Umgang mit den Comptometern im Vordergrund, die anderen behandeln Themen wie die Sauberkeit der Arbeitskittel, die geforderte Religiosität der Gruppe und die strenge Arbeitsdisziplin. Trotz der manchmal nostalgischen Erinnerungen schwingt bei allen Aussagen die herrschende Unterordnung durch, auch wenn gegen Ende einige schüchterne Rebellionsversuche stattfanden.

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Unser Freund Gerhard Schroeter spannt danach mit seinem Diavortrag einen weiten historischen Bogen, beginnend mit der Römerin aus Pompei, die ihr Wachstäfelchen so in der Hand hält, als ob es ein Addiator wäre. Er kommt nach den hübschen Gemälden der Lady Ada Lovelace, der Tochter des bekannten Dichters Lord Byron, aber gleich zu den Fotos von Anfang des 20.Jahrhunderts, als die Sekretärinnen anfingen, in engen Büros als „Schreibkräfte“ den immer männlichen Chefs zuzuarbeiten. Wir erkennen, dass die herausgegebenen Werbemarken in der damals üblichen Modeströmung gekleidete Fräuleins darstellen, die auf die Geschäftsbriefe geklebt, einen leitenden Direktor dazu verleiten sollten, für eine Anschaffung an diese oder jene Maschine zu denken. Heutzutage scheinen diese Darstellungen bieder und aseptisch, teilweise sogar abstoßend, mit einer oft nur angedeuteten Sinnlichkeit, anders als die aktuelle Ausbeutung der Körperlichkeit zu Werbezwecken.

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Danach beugen sich alle noch einmal über die ausgelegten Postkarten und Fotos und diskutieren deren damalige und heutige Wirkung. Dass bei den Mitbringseln einige recht anzügliche sog. „Sekretärinnen-Phantasien“ dabei sind, wird elegant übersehen. Der Rest der Veranstaltung gleitet dann in die Vereinsmeierei ab, es wird von den kürzlichen Treffen berichtet, die einige nicht besuchen konnten, wie die IM2009 in Greifswald, dessen Tagungsband noch aussteht und dann natürlich das IFHB-Treffen von Pappenheim, bei dem der jahrelange Mitgliederschwund und der seit langem schwelende Leitungskonflikt nicht gelöst wurde. Die Positionen der Hardware-Sammler und –Befürworter, die die teuer gedruckte Papierversion beibehalten möchten, steht gegen die Software-Vertreter, die eine rein elektronische Online-Information für die Mitglieder bevorzugen. Die bei den Älteren herrschende Technik-Resistenz und der daraus resultierende Generationenkonflikt scheint auch die Organisation unserer Sammlertätigkeit zu behindern. Doch wie kann man einem an der reinen Mechanik interessierten Büromaschinen-Sammler verdenken, dass er mit dem Computer wenig anfangen kann.

2 Literatur


3 Copyright

Alle Rechte beim Verfasser

Erstellt von: Wolfgang Irler 11:19, 4. Nov 2009 (GMT)

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